Weltnaturerbe

Das Wattenmeer der Nordsee ist eine im Wirkungsbereich der Gezeiten liegende, etwa 9.000 km² große, 450 Kilometer lange und bis zu 40 Kilometer breite Landschaft zwischen Dänemark im Nordosten und Niederlande im Südwesten. Den bei Niedrigwasser freiliegenden Grund der Nordsee bezeichnet man als Watt. Es handelt sich dabei um das größte Wattenmeer der Welt.

Das Watt wird zweimal am Tag während des Hochwassers überflutet und fällt bei Niedrigwasser wieder trocken, wobei das Wasser oft durch tiefe Ströme (Priele) abfließt. Der zeitliche Abstand zwischen einem Hochwasser und einem Niedrigwasser beträgt durchschnittlich sechs Stunden und zwölf Minuten. Das vor etwa 7500 Jahren entstandene Wattenmeer dient vielen Vögeln und Fischen als Rastplatz und Nahrungsquelle.

Fast das gesamte Wattenmeer steht unter Naturschutz. Der deutsche Teil (bis auf die großen als Schifffahrtsrouten wichtigen Flussmündungen) ist als Nationalpark geschützt und gehört seit dem 26. Juni 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe.

Durch die Meeresströmungen bildeten sich Sandbänke, die sich im südlichen Wattenmeer zu Barriereinseln auftürmten (Ostfriesische und Westfriesische Inseln). Dabei verläuft dieser Prozess kontinuierlich. In den letzten Jahrhunderten beispielsweise verschwanden Bant und Buise im Meer, dafür entstanden Memmert und die Kachelotplate. Andere Sandbänke wie Lütje Hörn können sich anscheinend nicht dauerhaft etablieren.

Menschlicher Einfluss

Seitdem der Mensch vor etwa 1000 Jahren begann, die Küste durch umfangreiche Besiedlungsmaßnahmen zu verändern, und insbesondere seitdem er vom Warft- zum Deichbau überging, veränderte er die Landschaft dramatisch. Dabei deichte er seit dem Mittelalter etwa ein Drittel der Fläche des Wattenmeers ein und gestaltete diese in Festland um. Indem er auch durch die Deiche Überflutungen ganz verhinderte und Wasser nur noch vom Land in die See floss, entsalzte er die Salzmarschen, so dass nach der Entsalzung Köge und Polder mit fruchtbarem Marschland entstanden.

Bis zum Mittelalter lebten die Menschen vor allem auf natürlichen Erhöhungen am Watt. Dementsprechend niedrig war die Bevölkerungszahl. Erst mit der Entwicklung größerer Küstenschutzprojekte begannen Menschen in größeren Mengen sesshaft zu werden. Sie bauten künstliche Erhöhungen, die Warften. Daraus entwickelten sich Ringdeiche die durch Sommerdeiche erweitert wurden, schließlich kamen Winterdeiche. An der gesamten Küste begannen die Menschen sich dauerhaft zu etablieren und sich vor dem Meer zu schützen.

Nach den schweren Sturmfluten 1953 in den Niederlanden und 1962 in Deutschland wurden die Deichlinien begradigt, teilweise neue Deiche erbaut und der Rest um mindestens einen Meter erhöht und der Neigungswinkel weiter verflacht, so dass die modernisierten Deiche bis heute allen weiteren Fluten stand gehalten haben. Obwohl die Sturmfluten 1976 und 2007 neue Rekordstände an Wasserhöhe aufwiesen, gab es keine Todesopfer mehr.

Vögel

Ebenso wie zahlreiche Küstenvögel im geschützten Watt brüten, ist das nährstoffreiche Gebiet regelmäßiger Rastplatz von Zugvögeln auf Atlantikrouten. Ungefähr zehn bis zwölf Millionen Vögel ziehen durch das Wattenmeer, darunter sind Exemplare zahlreicher gefährdeter Arten. Für ungefähr 50 Arten der nördlichen Hemisphäre bildet das Wattenmeer dabei einen unverzichtbaren Raum. Von ungefähr 20 Großpopulationen verbringt mehr als die Hälfte der Einzeltiere zumindest einen Teil ihres Lebens im Wattenmeer, ungefähr zehn Arten kommen zeitweise fast nur im Wattenmeer vor.

Vor allem aber nutzen große Mengen an Zugvögeln das Wattenmeer zur Rast. Von den zahlreichen Rastvögeln, die das Wattenmeer auf dem Zug zwischen subarktischen Gebieten und Afrika nutzen. Teilweise haben Vogelbestände wieder zugenommen, seitdem die Jagd im Wattenmeer fast durchgehend verboten ist und das Wattenmeer selbst verschiedenen Naturschutzregelungen unterliegt. Arten, die im Wattenmeer ganz ausgestorben waren und aus anderen Regionen im 20. Jahrhundert wieder einwanderten sind beispielsweise der Seeadler und der Silberreiher.

Säugetiere

Nachdem große Wale seit der frühen Neuzeit ganz aus dem Wattenmeer verschwanden und Kegelrobben sich nach mehreren hundert Jahren der Vertreibung wieder etablieren konnten, kommen im Wattenmeer drei Säugetierarten vor: der Seehund, das häufigste Säugetier, mit einem Verbreitungsschwerpunkt im Norden des Wattenmeers, die Kegelrobbe, die vor allem im Süden zu finden ist, und der Gewöhnliche Schweinswal, den es in der gesamten Nordsee gibt, der sich aber oft und insbesondere zur Geburt in die See/Watt-Übergangszone im nördlichen Wattenmeer zurückzieht. Dabei nahm sowohl die Zahl der Kegelrobben als auch der Seehunde in den letzten Jahrzehnten zu.

Naturschutz

Aufgrund der Einzigartigkeit des Wattenmeeres und einer seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewachsenen Aufmerksamkeit für die Bedrohung des Systems durch menschliche Nutzungen wie Tourismus, Fischerei und Schifffahrt unterliegt das Wattenmeer einer Reihe internationaler Schutzabkommen, die durch diverse nationale Naturschutzmaßnahmen ergänzt werden.

Die UNESCO hat die deutschen und niederländischen Teile des Wattenmeers 1991 als Biosphärenreservat anerkannt und sie somit unter internationalen Schutz gestellt. Über den gemeinsamen Antrag der Niederlande, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, nicht jedoch Hamburgs und Dänemarks, das Wattenmeer als Weltnaturerbe schützen zu lassen, hat die UNESCO am 26. Juni 2009 positiv entschieden.